Dauerhaft Systemrelevant

Stationäre Hilfen auf sich allein gestellt

Sasha hat uns über die Schutzbedarfe der Fachkräfte in der stationären Jugendhilfe berichtet und eine Vision für das Feld formuliert:

Während die Kitas und Schulen aufgrund der Corona-Pandemie geschlossen wurden, sind die stationären Hilfen zur Erziehung natürlich rund um die Uhr weiterhin von uns sichergestellt worden. Alle Fachkräfte und sonstigen Mitarbeiter*innen haben sich mit ihrem Engagement einem hohen persönlichen Risiko für ihre Gesundheit und ihr Leben ausgesetzt. Das wird medial und politisch scheinbar weder wahrgenommen, noch durch Entgelte honoriert.

Stattdessen fehl(t)en branchenspezifisch konkretisierte Ausführungsbestimmungen für die freien Jugendhilfeträger bzgl. der Umsetzung von Hygiene- und Abstandsregeln, Mund-Nasen-Bedeckungen mit zertifizierter Schutzkategorie und besondere Regeln in Bezug auf den Arbeitsschutz.

In der Folge wurden und werden aus einem (in dieser Situation falschen) Selbstverständnis heraus vom Arbeitgeber weiterhin Versammlungen und Veranstaltungen in geschlossenen Räumen abgehalten, ohne den Arbeitsschutz ausreichend sicherzustellen. Auch in den Sekundärbereichen wie Geschäftsstelle, Stabstelle und Verwaltung wurde und wird anstelle der durchaus möglichen alternierenden Telearbeit, die persönliche Anwesenheit mit Kontakten weiterhin verlangt. Sogar Angehörige einer Risikogruppe werden mit der Teilnahme an Arbeitsgemeinschaften, Beratungen usw. mit mehreren Teilnehmenden aus verschiedenen Teams im Gruppensetting mit Präsenz beauftragt.
Dass die Arbeitsbedingungen während der Krise in die eigene Entscheidung und Selbstorganisation der freien Jugendhilfeträger gegeben wurde, dient insofern nicht der erfolgreichen Bewältigung der Krise, sondern der weiteren Demotivation und Frustration am Arbeitsplatz. Wichtiger wäre es, den bestmöglichen Schutz in einem hochsensiblen Bereich für alle sicherzustellen.

Meine Vision in der aktuellen Situation ist diese:

  • Soziale Arbeit ist neu bewertet. Insbesondere Engagement, Risiko und Systemrelevanz der Hilfen zur Erziehung sind anerkannt und angemessen vergütet.
  • Entgelt- und Gehaltsvereinbarungen sind mindestens analog der Eingruppierungen und Vergütungen des öffentlichen Dienstes geschlossen und verbindlich.
  • Berufsunfähigkeitsversicherungen sind für Fachkräfte in systemrelevanten Bereichen mit Risiko und ggf. Vorerkrankungen bezahlbar und ausnahmslos zugänglich.
  • Träger der Hilfen zur Erziehung sind bzgl. des besonderen Arbeitsschutzes und der branchenspezifisch konkreten Umsetzung von Verordnungen unterstützt.
  • Die Soziale Arbeit hat sich auch für digitale Lösungen geöffnet und kreative Ideen für die Tele-Beratungs-, Kooperations- und Wissensarbeit gefunden.
  • Alternierende Telearbeit ist analog zur Rahmenvereinbarung des öffentlichen Dienstes (Berlin) ebenfalls für freie Träger sowohl zeitgemäß als auch verbindlich.

Hast Du auch Visionen für Dein Arbeitsfeld? Dann schreib uns diese unter: https://dauerhaft-systemrelevant.de/unterstuetzen/