Ira erzählt von der neuen Arbeitsrealität in der Allgemeinpsychiatrie und formuliert dabei auch konkrete Forderungen. Lies hier unser Interview mit Ira:
Aus welchem Handlungsfeld kommst Du?
Ich arbeite in der Allgemeinpsychiatrie mit 370 Plätzen. Wir sind ein Pflichtversorgungskrankenhaus mit drei allgemeinpsychiatrischen, einer Geronto- und einer Suchtabteilung sowie zwei forensischen Abteilungen, Tageskliniken und Ambulanzen.
Wie hat sich Dein Arbeitsalltag durch Corona verändert?
In meinem Arbeitsalltag haben sich alle Routinen verändert und die Angebotsstrukturen mussten angepasst, z.T. auch ausgesetzt werden. Nachdem die Krisenstabssitzungen und Teams zur Krisenbewältigung in den Vordergrund geraten sind, erfolgt mit abnehmenden Infiziertenzahlen der kleinschrittige Weg zurück in die verantwortungsvolle Patientenversorgung mit vielen kleinteiligen Entscheidungen und Diskussionen.
Was erwartest Du oder erwarten Deine Kolleg*innen?
Wir erwarten auf längere Zeit eine veränderte Arbeitsrealität. Trotz notwendiger Flexibilität, erhoffen wir uns auch ein Wiederfinden verlässlicher Arbeitsroutinen und die Chance, sich wieder im Fokus auf die Inhalte der Arbeit und die Patient*innenorientierung einstellen zu können.
Welche Forderungen möchtest Du an die Politik stellen?
Wir fordern eine ausreichende Finanzierung des Gesundheits- und Sozialbereichs, um auch in Krisen und bei reduzierter Einnahmesituation, die Qualität unserer Arbeit bei den Menschen ankommen zu lassen; ein Ende des Dokumentations- und Controllingwahns und die Investition der Mittel in die Patient*innenversorgung, statt in die Bürokratie; ein Ende der Ökonomisierung des Gesundheits- und Sozialbereichs und eine Sicherstellung der Versorgung als öffentliche Aufgabe in öffentlicher Hand. Neben den vorgenannten Punkten wünschen wir uns aber auch, dass positive Effekte der Krise, wie z .B. kleinere Gruppengrößen, Intensivierung des Patientenkontakts durch die Reduzierung von Fallzahlen, beibehalten werden.
Gibt es in Deinem Feld bereits Signale, dass bei Sozialer Arbeit in Folge der Corona-Pandemie eingespart wird? Wenn ja, welche?
Nein, bislang nicht, da unser Haus sich in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft befindet und die Krankenhäuser durch die Übernahme der Ausfälle in der Belegung abgesichert sind.
„Wenn Soziale Arbeit fehlt oder reduziert wird, …“
…werden soziale Spannungen und deren politische Folgen sich ungünstig vergrößern.
…bleiben Leistungen in anderen Bereichen unkoordiniert und verpuffen ohne ausreichende nachhaltige Auswirkungen auf die Leistungsempfänger*innen.
„Soziale Arbeit ist dauerhaft systemrelevant, weil…“
…die sozialen Verwerfungen der Krise deutlich machen, dass Soziale Arbeit Unterstützung für Einzelne leistet, die die gesamte Gesellschaft stabilisiert und Solidarität für Betroffene in der Realität umsetzt.
…sie die Schnittstelle zwischen den Leistungen anderer Berufsgruppen herstellt und daher die Lebenswelt und die darin verorteten Probleme der Menschen im Überblick behält.
Hat sich Deine Arbeitsrealität genauso stark verändert? Warum ist Soziale Arbeit für Dich systemrelevant? Erzähl uns davon unter: https://dauerhaft-systemrelevant.de/praxisberichte/mitmachen/